Bernd Pos­selt, bis 2014 Mit­glied im Euro­päi­schen Par­la­ment und Prä­si­dent der Pan­eu­ro­pa-Uni­on, sprach auf unse­re Ein­la­dung am 04.10.2015 im Rah­men der Inter­kul­tu­rel­len Woche in Ger­me­ring zum The­ma „70 Jah­re Frie­den“. In sei­nem span­nen­den Refe­rat reflek­tier­te der über­zeug­te Euro­pä­er die jün­ge­re Geschich­te unse­res Kon­ti­nents und erläu­ter­te hier­bei auch die Zusam­men­hän­ge, die aus sei­ner Sicht in 1930-iger Jah­ren zum Erstar­ken des Natio­nal­so­zia­lis­mus, zum men­schen­ver­ach­ten­den Unrechts­re­gime des Drit­ten Rei­ches und letzt­lich zum Aus­bruch des 2. Welt­krie­ges geführt haben.

Das Kriegs­en­de beschrieb Pos­selt als den Wen­de­punkt und zugleich Neu­be­ginn des euro­päi­schen Gedan­kens. Nach den Wir­ren des Krie­ges hät­ten die Völ­ker Euro­pas erkannt, dass Frie­de und Wohl­stand nur im guten Mit­ein­an­der herr­schen kön­ne – in einem Bünd­nis, zu dem im Her­zen Euro­pas auch Deutsch­land gehö­ren soll­te und muss­te. Eins­ti­ge Fein­de sei­en zu Freun­den gewor­den, die gemein­sam am Hau­se Euro­pa bau­ten. Frei­zü­gig­keit für die Men­schen und ein offe­ner Bin­nen­markt für die Mit­glie­der der EU sei­en zu Garan­ten für die gute wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung in Deutsch­land und Euro­pa geworden.

Bernd Pos­selt zeich­ne­te die poli­ti­schen Ent­wick­lun­gen in den letz­ten sie­ben Jahr­zehn­ten in Euro­pa nach, die nicht nur zur Ent­ste­hung der Euro­päi­schen Uni­on geführt, son­dern Deutsch­land vor nun­mehr 25 Jah­ren auch die Wie­der­ver­ei­ni­gung ermög­licht haben. Die EU bil­de hier­bei nicht nur eine Wirtschafts‑, son­dern auch eine Wer­te­ge­mein­schaft. Dies dür­fe man der­zeit nicht ver­ges­sen, wenn es um die Bewäl­ti­gung der Flücht­lings­kri­se gehe. Die Flücht­lings­pro­ble­ma­tik ver­glich Pos­selt hier­bei mit der Situa­ti­on der vie­len Flücht­lin­ge und Ver­trie­be­nen nach Ende des Krie­ges. Damals hät­ten wesent­lich schlech­te­re Bedin­gun­gen vor­ge­herrscht und den­noch habe Deutsch­land sich die­ser Auf­ga­be erfolg­reich gestellt.

Kri­tik an Euro­pa und der euro­päi­schen Poli­tik sei legi­tim und die EU müs­se hier­auf auch reagie­ren, jedoch dür­fe man bei alle­dem nicht ver­ges­sen, dass die EU nach wie vor gera­de für Deutsch­land der ent­schei­den­de Fak­tor sei, um gegen­über den USA und Chi­na kon­kur­renz­fä­hig zu blei­ben. Eine Abkehr vom euro­päi­schen Gedan­ken und Rück­kehr zur rei­nen Natio­nal­staat­lich­keit wären ver­her­rend. Noch nie in der Geschich­te Euro­pas habe so lan­ge Frie­den geherrscht. Dies sei jedoch bei­lei­be kei­ne Selbst­ver­ständ­lich­keit, son­dern müs­se auch wei­ter­hin im freund­schaft­li­chen und ver­trau­ens­vol­len Mit­ein­an­der der euro­päi­schen Völ­ker „erar­bei­tet“ werden.

Am Ende sei­nes Vor­tra­ges stand Bernd Pos­selt noch für Fra­gen und eine Dis­kus­si­on zur Verfügung.

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